Ein "Ökohaus" fast ohne Energiebedarf entsteht in München-Riem: Das Passivhaus

Extrem isoliert gegen Kälte, ist es doch atmungsaktiv und luftig.
(für 'Münchner Stadtgespräche Nr.20 / Februar 2001', Umweltinstitut München e.V.)

Gebauter Klimaschutz

Der Benzinpreis stieg, die Medien machten aus vielen privaten Seufzern ein Ereignis, die "Benzinwut". Die Politik reagierte umgehend. Einige interessante Dinge hat die Benzinpreisdiskussion ans Licht gefördert: Da erfuhren wir endlich auch aus der Zeitung, Erdöl reiche nur noch 40 Jahre, und auch Erdgasvorräte seien begrenzt, der Preis fossiler Energieträger werde auf jeden Fall steigen, selbst wenn der Euro stärker werden sollte. Leider war schon nach wenigen Monaten das Thema wieder vergessen oder fand sich ganz unverknüpft als "Mietnebenkosten steigen - Gemeinheit !!!" wieder.

Schonung der fossilen Vorräte für zukünftige Generationen oder Klimaschutz, um's Energiesparen kommen wir nicht herum. Doch trotz gutem Willen, wie oft fällt Licht-ausmachen unserer Vergesslichkeit zum Opfer und wie schnell werden wir angesichts einer hübschen Reise Verräter unserer guten Vorsätze.

Hier will ich eine sehr effektive Methode vorstellen: Energiesparen, ohne dass man es merkt und ohne dass man dafür einen Finger krumm machen muss. Circa ein Viertel der in Deutschland verbrauchten Energie geht in die Raumheizung, an diesem Viertel lässt sich prima sparen.

Das Ein-Liter-Haus

Weniger Heizen ohne zu frieren ... und das ohne Eskimo-Moden? In München können wir ja schon einige Niedrig-Energie-Häuser begutachten, aber was hindert, auch diese noch zu optimieren?

Das Passivhaus ist genau diese Weiterentwicklung, mit einem Heizwärmebedarf von nur noch 1 - 1,5 Liter Heizöl pro qm Wohnfläche und Jahr, ein Drittel des Energiebedarfs von Niedrig-Energie-Häusern. Extrem isoliert gegen Kälte, ist es doch atmungsaktiv und luftig. Eine Isolierung aus recycleter Zellulosewolle hält die Wärme im Inneren. Dreifach verglaste Wärmeschutz-Fenster bieten optimalen Kälte- und Schallschutz und nutzen durch Ausrichtung von Wohnräumen und Kinderzimmern nach Süden optimal die Sonnenenergie. In der kalten Jahreszeit führt eine zugfreie Lüftung den Wohnräumen Frischluft zu, die durch die Abluft vorgewärmte ist. Die Filter halten auch Pollen und andere Schwebstoffe aus der Außenluft zurück. Das gibt ein sehr behagliches Raumklima ohne kalte Wände und Böden - und ist für Allergiker ein zusätzlicher Gewinn.

18 auf einen Streich

Passivhäuser kennen wir in Bayern bisher als Ein- und Zweifamilienhäuser. Aber selbstverständlich ist Passivhaus-Standard auch im städtischen Mehrfamilienhaus-Bau möglich.

Wer sich davon selbst überzeugen will, kann in Unterhaching ein Bürohaus in Passivhaus-Bauweise besichtigen. Der Bund Naturschutz hat dem Architektenehepaar Nagel dafür den Unterhachinger Umweltpreis verliehen.

Nun wird auch das erste Haus dieser nachhaltigen Bauweise im Münchner Osten entstehen, zwischen U-Bahn-Station Messestadt West, Schule und Landschaftspark. Interessant für Klimaschützer und für Leute, die sich vor überraschenden Heizkostenrechnungen schützen wollen.

Baubeginn ist, passend zum Thema, im tiefsten Winter, bis zum Sommer wird das Grundgerüst stehen und der Einbau von Wärmedämmung und Lüftung beginnt. Die Architekten laden uns ein, diese Technik kennenzulemen. Ab Juli werden Führungen auf der Baustelle stattfinden, in denen der Einbau von Isolierung und Lüftung gezeigt wird. So können wir live miterleben, wie die 18 Wohnungen und Maisonetten und der Kindergarten im Erdgeschoss ausgestattet werden.

Passivhäuser fordern und fördern

Wir wünschen uns, das dieses Haus sehr schnell seine Bewohner findet und dadurch Schule macht. Lasst 1000 Passivhäuser blühen. Denn die Stadt München hat für den Klimaschutz hohe Ziele gesteckt hat, hier ist ein Angebot, sie einzulösen. Da scheint es noch am politischen Willen zu fehlen - denn am Know-how fehlt es nicht. Was spricht dagegen, das auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften auf maximales Energiesparen setzen? Was spricht dagegen, alle Bauträger, die von der Stadt ihre Grundstücke kaufen, zum Passivhaus-Bauen zu verpflichten? Was spricht dagegen, die nicht geringe Förderung der München-Modell-Wohnungen an ökologische Auflagen zu binden?

Was wir bedauern: die Stadt hat es dem Architekten nicht ermöglicht, auch stellplatzfreie Wohnungen für autofreie Haushalte anzubieten. Wir hoffen aufs nächste Mal.

Infos können Sie anfordern von der Initiative "Wohnen ohne Auto", Geyerstr. 22, 80469 München.

Gunhild Preuß-Bayer
www.wohnen-ohne-auto.de
Tel: 089/20 11 898, Fax: 089/20 15 313

 

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